BGH v. 11.11.2021 - IX ZB 13/21

Zur Begrenzung der Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters

Ist eine Vielzahl von Forderungen durch den Sonderinsolvenzverwalter zu prüfen und machen diese einen wesentlichen Bruchteil der in dem Insolvenzverfahren zu prüfenden Forderungen aus, kommt in der Regel eine Begrenzung der Vergütung auf eine solche nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht in Betracht.

Der Sachverhalt:
Das AG - Insolvenzgericht - eröffnete mit Beschluss vom 1.9.2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den weiteren Beteiligten zu 2) zum Insolvenzverwalter. Dieser war zugleich Insolvenzverwalter der M. GmbH & Co. KG und meldete in dieser Funktion zahlreiche Forderungen über insgesamt rd. 200.000 € zur Tabelle (laufende Nummern 80 bis 121) des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin an.

Zwecks Prüfung dieser Forderungen bestellte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 15.12.2015 den weiteren Beteiligten zu 1) zum Sonderinsolvenzverwalter. Er schloss seine Prüfungstätigkeit im Oktober 2019 ab. Der Beteiligte zu 1) beantragte, seine Vergütung einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer auf rd. 10.000 € festzusetzen.

Das AG sprach eine Vergütung von rd. 3.400 € brutto zu. Das LG wies die Beschwerde des Beteiligten zu 1) zurück. Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) hob der BGH den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters ist ausschließlich dann unmittelbar nach den Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zu berechnen, wenn die von ihm übernommene Aufgabe gem. § 5 Abs. 1 InsVV angemessenerweise einem Rechtsanwalt zu übertragen war. Es verbietet sich die Festlegung einer Regelquote der Vergütung, so wie es für den vorläufigen Verwalter in § 63 Abs. 3 Satz 2 InsO bestimmt ist. Denn die Aufgaben, die dem Sonderinsolvenzverwalter übertragen werden, können sehr unterschiedlich sein und von der Prüfung einzelner Ansprüche bis zu der Verwaltung von Sondervermögensmassen reichen. Bezieht sich die Tätigkeit nur auf einen Teil der Aufgaben eines Insolvenzverwalters, ist dem daher durch die Festsetzung eines angemessenen Bruchteils der Regelvergütung Rechnung zu tragen. Diese Prüfung obliegt dem Tatrichter nach den Umständen des Einzelfalls.

Hat der Sonderinsolvenzverwalter lediglich die Aufgabe, einzelne Ansprüche zu prüfen, zur Tabelle anzumelden oder anderweitig rechtlich durchzusetzen, ist seine Tätigkeit mit derjenigen eines Insolvenzverwalters kaum mehr vergleichbar. In diesem Fall kann die Vergütung jedenfalls nicht höher festgesetzt werden, als sie nach § 5 InsVV beansprucht werden könnte, wenn der Sonderinsolvenzverwalter nach dieser Vorschrift für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer zu vergüten wäre. Die sich danach ergebende Vergütungshöhe stellt dann die obere Grenze der nach der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung festzusetzenden Vergütung dar, die nicht überschritten, wohl aber unterschritten werden darf. Entscheidend für die Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung ist der Gesichtspunkt der Übertragung einer nur eng begrenzten Regelaufgabe auf den Sonderinsolvenzverwalter.

Die vorliegende Sachverhaltsgestaltung stellt sich insoweit als besonders dar, als der Beteiligte zu 1) insgesamt 42 Forderungen und damit ungefähr ein Drittel der in dem Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen zu prüfen hatte. In den Fällen, die den bislang zu der Thematik ergangenen Entscheidungen des BGH zugrunde lagen, hatte der Sonderinsolvenzverwalter demgegenüber jeweils nur eine einzelne Forderung zu prüfen. Ein Teil des Schrifttums meint dann auch, diese Rechtsprechung sei ausschließlich dann anzuwenden, wenn der Insolvenzverwalter buchstäblich nur eine Forderung zu verfolgen bzw. nur eine "tatsächliche Einzelhandlung" vorzunehmen habe. Legte man diese Auffassung zugrunde, wäre eine Begrenzung der an sich nach der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung festzulegenden Vergütungsforderung des Beteiligten zu 1) auf die Höhe einer entsprechenden Rechtsanwaltsvergütung zu verneinen. Im Übrigen wird im Schrifttum ohne weitere Unterscheidung die genannte Senatsrechtsprechung zitiert.

Im Regelfall wird eine Begrenzung der Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters auf eine solche nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht in Betracht kommen, wenn eine Vielzahl von Forderungen durch den Sonderinsolvenzverwalter zu prüfen ist. Das muss umso mehr gelten, wenn diese Forderungen wie im Streitfall einen wesentlichen Bruchteil der in dem Insolvenzverfahren zu prüfenden Forderungen ausmachen. Dann kann von der Übertragung einer nur eng begrenzten Aufgabe auf den Sonderinsolvenzverwalter nicht mehr die Rede sein.

Mehr zum Thema:

  • Kurzbeitrag: BGH zur Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters (ZIP 2021, R17)
  • Rechtsprechung: BGH vom 14.1.2021, IX ZB 27/18 - Zur Vergütung des mit der Prüfung nur einer Insolvenzforderung beauftragten Sonderinsolvenzverwalters (ZIP 2021, 531)
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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.12.2021 15:04
Quelle: BGH online

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