BGH v. 26.7.2022 - II ZB 20/21

Vermögenslose GmbH mit Vermögen? Gelöschte GmbH und Liquidatoren von Amts wegen einzutragen

Eine gelöschte GmbH und ihre Liquidatoren sind grundsätzlich von Amts wegen einzutragen, wenn die Liquidatoren durch das Gericht ernannt worden sind, weil sich nach der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligte, eine GmbH, wurde 2006 gem. § 141a FGG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht. Mit Beschluss vom 6.12.2019 bestellte das AG gem. § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG K zum Liquidator und beschränkte den "Wirkungskreis des Nachtragsliquidators auf die Vertretung und die Wahrnehmung der Rechte der gelöschten Gesellschaft hinsichtlich der im Eigentum der Gesellschaft stehenden Teileigentumseinheiten G. straße /O. straße verzeichnet im Grundbuch von F. Blatt".

Unter dem 27.5.2021 beantragte K, die Beteiligte und sich "als Nachtragsliquidator" in das Handelsregister einzutragen. Zur Begründung führte er aus, dass das Grundbuchamt als der beantragten Eintragung von Grundpfandrechten entgegenstehendes Hindernis den fehlenden Nachweis der Vertretungsberechtigung nach § 32 GBO benannt habe. Die gegen diese Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde habe das KG mit Beschluss vom 29.4.2021 zurückgewiesen.

Das AG wies den Eintragungsantrag zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb vor dem KG ohne Erfolg. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten hob der BGH die Beschlüsse von KG und AG auf und wies das AG - Registergericht - an, die Beteiligte und ihren Liquidator K. in das Handelsregister einzutragen.

Die Gründe:
Der gerichtlich ernannte Liquidator K ist gem. § 67 Abs. 4 GmbHG von Amts wegen in das Handelsregister einzutragen. Dazu gehört auch die Eintragung der Beteiligten als der zu liquidierenden Gesellschaft.

Ob eine wegen Vermögenslosigkeit gelöschte Gesellschaft und ihre Liquidatoren im Fall des § 66 Abs. 5 GmbHG ins Handelsregister eingetragen werden müssen, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet.
Teilweise wird die Eintragung ausnahmslos für erforderlich erachtet. Anderer Auffassung zufolge kann von einer Eintragung im Einzelfall aus pragmatischen Gründen abgesehen werden, insbesondere wenn nur noch einzelne, schnell zu erledigende Abwicklungsmaßnahmen zu erfolgen hätten und der Liquidationszweck die Eintragung nicht erfordere.

Eine gelöschte GmbH und ihre Liquidatoren sind nach § 67 Abs. 4 GmbHG grundsätzlich von Amts wegen einzutragen, wenn die Liquidatoren durch das Gericht ernannt worden sind, weil sich nach der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt (§ 66 Abs. 5 GmbHG). Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Eintragung einer wegen Vermögenslosigkeit gelöschten Gesellschaft und ihrer Liquidatoren im Einzelfall aus verfahrensökonomischen Gründen unterbleiben kann. Nach den vom KG getroffenen Feststellungen ist ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben.

Der Wortlaut von § 67 Abs. 4 GmbHG umfasst auch die gem. § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG ernannten Liquidatoren. Gesetzessystematisch schließt jene Bestimmung diese ebenfalls ein. Die Gesetzesgenese bietet auch keine Anhaltspunkte für ein einschränkendes Normverständnis. Schließlich lässt sich Sinn und Zweck von § 67 Abs. 4 GmbHG, die Liquidation und die gerichtlich ernannten Liquidatoren publik zu machen, auch in den Fällen des § 66 Abs. 5 GmbHG erfüllen. Bei der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit kommt der Publizitätsfunktion besondere Bedeutung zu, weil in aller Regel noch kein Liquidationsverfahren mit Gläubigeraufruf (§ 65 Abs. 2, § 73 Abs. 1 GmbHG) stattgefunden hat. Schweigt das Handelsregister, wird sich ein Gläubiger vielfach nicht veranlasst sehen, seine Forderungen geltend zu machen.

Auf Grundlage des vom KG festgestellten Sachverhalts kommt ein Absehen von der Eintragung nicht in Betracht. Danach ist die Beteiligte Eigentümerin von fünf Teileigentumsrechten. Deren Wert hat sie mit 700.000 bis 750.000 € beziffert. In Anbetracht dieses Vermögens kann keine Rede davon sein, dass der Liquidationszweck die Eintragung nicht erfordere, weil nur noch einzelne, schnell zu erledigende Abwicklungsmaßnahmen vonnöten seien. Vielmehr finden gem. § 66 Abs. 5 Satz 1 GmbHG grundsätzlich die §§ 68 ff. GmbHG Anwendung.

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Aufsatz:

Die Liquidation i.S.v. § 66 Abs. 5 GmbHG zwischen Literatur und Registerpraxis
Johannes Beckmann / Niklas Winter, GmbHR 2022, 445

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.08.2022 15:42
Quelle: BGH online

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